Tübbinge unterwegs auf Güterzügen an Rems und Murr

Tübbinge, Fertigbauteile für den Tunnelbau, die von einer Tunnelbohrmaschine verlegt werden, sind mit Güterzügen auf der Remsbahn und der Murrbahn unterwegs. Eine Tunnelbormaschine ist sozusagen eine mobile Tunnelfabrik: Das Gestein wird aus der zukünftigen Tunnelröhre ausgefräst und hinter dem Bohrkopf wird der Tunnel sofort ausgekleidet. Hier kommen die Tübbinge – auch Tübbings genant zum Einsatz. Ein moderner Tübbing ist ein industriell vorgefertigtes Betonsegment, einbaufertig, komplett mit Gummidichtungen. Sieben Tübbinge bilden einen Ring, also die Verkleidung einmal rundum die Tunnelröhre. 80 Tonnen wiegt so ein Tübbingring. An einen Tübbing werden sehr hohe Anforderungen bezüglich der Passgenauigkeit gestellt – die Fehlertoleranz liegt im Bereich von Millimetern. Während sechs Tübbinge die gleiche Größe haben, ist der obere Abschlussstein je nach projektiertem Durchmesser des Tunnels etwas kleiner. Gesetzt werden die Tübbinge automatisch von der Tunnelbohrmaschine. Dabei schafft eine Maschine bei vollem Betrieb die Montage eines kompletten Rings in etwa 25 Minuten.

schematische Darstellung einer Tunnelbohrmaschine
schematische Darstellung einer Tunnelbohrmaschine auf einer Infotafel der Herstellerfirma Herrenknecht.

Die Tunnelbohrmaschine frisst sich am vorderen Ende mit dem Bohrer durchs Gestein und am anderen, hinteren Ende, ist der Tunnel schon weitgehend fertiggestellt. Es kann mit dem endgültigen Ausbau (Tunnelsohle, Gleise, Oberleitungen) begonnen werden. Ein Vorteil dieser Methode ist, dass des Tunnel sofort mit stabilen Elementen ausgebaut ist, ein Hohlraum, wie im herkömmlichen Tunnelbau entsteht und auf den der Gebirgsdruck wirken kann, gibt so quasi nicht. Ein Ingenieur beschrieb dies mal mit den Worten: „Wir fahren durch den Berg, ohne dass er das überhaupt merkt.“

Tübbinge für den Fildertunnel und den Tunnel Rastatt aus der Oberpfalz

Tübbing Zug im Güterbahnhof Untertürkheim
Tübbing-Zug im Güterbahnhof Untertürkheim

Die Tübbinge werden industriell vorgefertigt, bereits mit den Gummi-Dichtungen. Für den Fildertunnnel und die Tunnelbaustelle in Rastatt geschieht dies in einem Werk der Firma Max Bögl in Sengenthal, einer Gemeinde im oberpfälzischen Landkreis Neumarkt. An anderen Baustellen, wie zum Beispiel dem Steinbühltunnel, mit dem die Neubaustrecke Stuttgart – Ulm den Albaufstieg bewältigt, erfolgt die Herstellung der Tübbinge in einem extra eingerichteten Werk vor Ort. Die Tübbinge aus Sengenthal werden per Zug zu den jeweiligen Baustellen gebracht.

Der Transport nach Rastatt begann Mitte Mai 2016 – rund 30.000 Tübbinge werden an dieser Baustelle benötigt.  Der Innendurchmesser eines Tübbingrings beträgt hier 9,6 Meter, der Außendurchmesser 10,6 Meter. Aufgrund der Gebirgs- und Wasserdruckverhältnisse werden beim Tunnel Rastatt konische Ringtypen eingesetzt.  Der Tunnel Rastatt ist ein sich im Bau befindender Eisenbahntunnel der Ausbaustrecke Karlsruhe–Basel. Mit einer Länge von 4270 Metern wird er das gesamte Rastatter Stadtgebiet und die Federbach-Niederung unterqueren. Die Inbetriebnahme des Rastatter Tunnels soll im Jahr 2022 stattfinden.

Sieben Tübbinge, also ein beladener Güterwagen bilden einen kompletten Kreis. Schön zu erkennen: der kleinere Schlussstein.
Sieben Tübbinge, also ein ganzer, beladener Güterwagen, bilden einen kompletten Kreis. Schön zu erkennen: der kleinere Schlussstein.

Die zweite Baustelle, welche via Rems- und nur außerplanmäßig im Sommer 2016 via Murrbahn beliefert wird, ist der Fildertunnel. Der Fildertunnel ist Teil des Projekts Stuttgart 21, der Drehung des Stuttgarter Hauptbahnhof um 90° in die Nord-Süd-Achse als unterirdischer Durchgangsbahnhof und die anschließende Neubaustrecke über die Alb nach Ulm. Der Fildertunnel verbindet den künftigen unterirdischen Stuttgarter Hauptbahnhof mit der rund 154 m höher gelegenen Filderebene. Mit einer stattlichen Länge von 9.468 Metern ist er der längste Tunnel des Projekts. Nach seiner Fertigstellung wird er der längste Doppelröhren-Eisenbahntunnel in Deutschland sein. Die Tübbinge für den Fildertunnel wurden anfangs nach Esslingen-Altbach gebracht und dort auf Lastwagen umgeladen. Inzwischen ist der Umschlagsplatz in den Untertürkheimer Hafen verlegt worden. In der Nacht zum 16. Mai 2015 wurde der 1000. Tübbingring eingebaut, entsprechend einem Maschinenvortrieb von 2000 m. Im November 2015 beendete die Tunnelbohrmaschine unter Stuttgart-Hoffeld nach 4080 Tunnelmetern und 1967 Tübbingringen die erste Vortriebsphase. Am 7. Juni 2016 begann dann der Vortrieb der Weströhre. Bei der im Jahr 2021 geplanten Eröffnung, werden über 27.500 Tübbinge verbaut worden sein.

 

 

 

 

 

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