Die Umgehungsbahn und der Eisenbahn-Tunnel von Montmédy im Ersten Weltkrieg

Gabriel Habermann / Wilhelm Kretzschmann

Umgehungsbahnen – ein im Krieg gebräuchliches Hilfsmittel

Die Zerstörung von Eisenbahninfrastruktur beim Rückzug war im Ersten Weltkrieg ein von allen Kriegsparteien praktiziertes Mittel um den Vormarsch des Feindes auszuhalten. Während gesprengte Brücken durch einfache, hölzerne Ersatzkonstruktionen oder eingelagerte, vorbereitete Kriegsbrücken innerhalb von ein, zwei Tagen notdürftig wiederhergestellt werden konnten, war für die Wiederherstellung eines professionell gesprengten Tunnels oft über ein Monat nötig. Ein Tunnel wurde üblicher Weise an drei Stellen gesprengt: An den beiden Portalen und zusätzlich noch in der Mitte. Vor allen im Nord-Westen Frankreichs, wo die Überdeckung der Tunnels oft sehr gering war – da sie üblicher Weise nur die Bergvorsprünge eines mäandrierenden Flusstales abkürzten – stürzte der Tunnel zumeist bis auf die Oberfläche ein.

Diese schematische Skizze des zerstörten Tunnels bei Liart veranschaulicht sehr gut die üblicher Weise ausgeführte Sprengung eines Tunnels, wie sie von allen Kriegsparteien ausgeführt wurde: Zum einen wurden die Zugänge gesprengt. Da hier naturgemäß wenig Überdeckung war und gute Abfahrtsmöglichkeit für den Schutt bestand – die Gleise lagen ja an -, war dies relativ einfach zu räumen. Sehr viel mehr Probleme bei der Wiederherstellung bereitete die Sprengung in der Tunnelmitte, da hier beim Räumen laufend Gestein in den Trichter nachrutschte. Außerdem konnte mit dem Räumen des Schutts in der mittleren Sprengstelle oft erst begonnen werden, wenn die Portalsprengungen beseitigt waren.

Um die für den Vormarsch unabdingbare Eisenbahnstrecke – andere nennenswerte Transportwege für den Vormarsch der Massenheere gab es zu dieser Zeit nicht – schnell wieder befahrbar zu machen wurden sogenannte Umgehungsbahnen angelegt, die dem Fluss, oder Bachlauf folgend um die Tunnelstelle herumgeführt wurden. Auch heute kann man diese auf Luftbildern oft noch gut erkennen.

Die Umgehungsbahn des Tunnels von Montmédy führte mitten durch die Stadt, wie diese am 10. Oktober 1914 verschickte Aufnahme von zwei Lokomotiven auf dem kurzer Hand in „Kaiser-Platz“ heutigen „Place „Eugène Tronville“ – zeigt. Bei den ungünstigen Steigungs- und Krümmungsverhältnissen konnte die Strecke nur nicht mit ganzen Zügen befahren werden. Jeden ankommenden Militärzug in mehrere Teile aufzusplitten, welche dann einzeln durch den Ort befördert werden mussten, war alles andere als optimal. Zusätzlich mussten ja auch die verwendeten Lokomotiven zurück durch den Ort rangiert werden, was die Betriebsführung zusätzlich erschwerte und die Kapazität der Umgehungsbahn nochmals herabsetzte.

Montmédy – Eine Umgehungsbahn Mitten durch die Stadt

Eine Besonderheit bildete die Umgehungsbahn des Tunnels von Montmédy. Die Umgehungsstrecke des gesprengten Tunnels musste mitten durch die Stadt, entlang der Hauptstraße, geführt werden.

Am 29. August 1914 waren die Wiederherstellungsarbeiten bis Virton durchgeführt. Die anschließende Strecke über Ecouviez bis Montmédy stellte die Reserve-Eisenbahn-Bau-Kompanie 13 wieder her. Sie erreichte am 30. August den Bahnhof Montmédy. Auch bei dieser Strecke handelte es sich nur um die Wiederherstellung einzelner gesprengter Schienenstöße und um den Ersatz einer Anzahl ausgebauter Weichen. Südlich Montmédy wurde die in Richtung Verdun führende metersprurige Schmalspurbahn zur Versorgung der 5. Armee in Betrieb genommen. Das erste Material für den Betrieb wurde von der bei Sedan endigenden Kleinbahn herangezogen.

Unmittelbar westlich des Bahnhofs Montmédy war der etwa 800 Meter lange Tunnel gesprengt. Der Tunnel durchschneidet einen riegelartig nach Südwesten verlaufenden, zum Teil steil abfallenden Höhenzug, auf dem die Festung Montmédy liegt.

Die erste Erkundung ergab, das die beiden Tunneleingänge auf eine längere Strecke verschüttet und hierdurch größere Aufräumungsarbeiten notwendig waren. Angaben von Landeseinwohnern ließen es außerdem als sehr wahrscheinlich erscheinen, das im Innern des Tunnels eine weitere Sprengung ausgeführt war. Mit Rücksicht aus diese umfangreichen Zerstörungen gab der mit der Wiederherstellung der Strecke beauftragte Stabsoffizier der Eisenbahntruppen Nr. 3 am 31. August 1914 den Befehl, südlich der Festung Montmédy als Ersatz für den zerstörten Tunnel eine Umgehungsbahn zu erkunden und zu trassieren.

Die ersten Feststellungen für die Führung der Trasse im Gelände machte die am 30. August 1914 in Montmédy eingetroffene Reserve-Eisenbahn-Baukompanie 13. Das Ergebnis ihrer in groben Umrissen erfolgten Vorarbeiten wird der am Nachmittag des folgenden Tages eintreffenden Eisenbahn-Baukompanie 22 übergeben. Diese war inzwischen mit Ausführung der Absteckung beauftragt worden und legte die Trasse im allgemeinen übereinstimmend mit dem Erkundungsergebnis der R. E. B. K. 13 fest.

Planskizze der 3,85 Kilometer langen Umgehungsbahn von Montmédy. Oben sieht man den zerstörten Tunnel, wo die neue Strecke kurz hinter dem Bahnhof in die Stadt abzweigt. Am 30. August 1914 erreichte die Reserve Eisenbahnbau-Kompanie 13 von Ecouviez aus den Bahnhof Montmédy. Diese machte bereits erste Feststellungen für die Führung der Trasse im Gelände und übergab die Erkenntnisse der am 31. August nachmittags eintreffenden Eisenbahnbau-Kompanie 22. Diese war inzwischen mit Ausführung der Absteckung beauftragt worden. Die Linienführung ergab einige Schwierigkeiten, da die Bahn auf etwa 800 Metern Länge durch die Unterstadt von Montmédy geführt werden musste.

Die am 1. September durch E. B. K. 22 im Gelände ausgeführten Arbeiten führten zur Wahl der in der Skizze dargestellten Linienführung, obwohl sich Schwierigkeiten daraus ergaben, das die Bahn auf etwa 800 Metern Länge durch die Unterstadt von Montmédy geführt werden musste. Die Gesamtlänge der Strecke betrug 3,85 Kilometer.

Die Umgehungsbahn zweigte beim Bahnhof Montmédy etwa 200 Meter vor dem östlichen Tunnelportal (+179,71m über N. N.) mit einem Halbmesser von 180m ab und erreichte in starken Steigungen bis 1:35 und Krümmungen bis 180 m Halbmesser nach etwa 700 Metern den tiefsten Punkt auf +170,67m über N. N. Von hier steigt sie in einer langen Steigung von etwa 1:50 nach weiteren 1,45 km auf +195,60m. Anschließend geht es mit Neigungen bis 1:40 und Krümmungen bis 180m Halbmesser auf +180m hinab um an die bestehende Strecke hinter dem Tunnel anzuschließen. Der erste durch die Stadt führende Teil machte den Abbruch von fünf Häusern und die Herstellung von fünf Überwegen mit zum Teil erheblicher Breite und Anrampung erforderlich.

Die Erdarbeiten für den Unterbau gestalteten sich in dem mit hartem Stein durchsetzten Lehm ziemlich aufwendig: Mehrfach mussten zur Lockerung des Erdreichs Sprengungen vorgenommen werden. Insgesamt waren 20.000 Kubikmeter Boden zu bewegen, wobei der Auftrag mit etwa 11.500 cbm überwog.

Die Planungsbreite wurde im allgemeinen zu vier Metern gewählt, nur bei dem an der höchsten Stelle der Trasse erforderlichen Einschnitt von etwa 3,60 Metern Tiefe wurde sie zu fünf Metern angenommen.

Die Anlage der Böschungen betrug im Auftrag 1:1½ im Abtrag wurde sie, um an Erbarbeiten zu sparen, zum Teil fast senkrecht ausgeführt

Montmédy Umgehungsbahn führte mitten durch die Stadt. Am unteren Ende des Ortes führte sie auf einem Damm, einige Häuser wurden abgebrochen.

Die erhöhte Trasse der Bahn ist auch heute zum Teil noch erhalten – und wenn man es weiß – klar zu sehen:

Während bis zum 9. September der Bau von ausgezeichnetem Wetter begünstigt war, erschwerte bis zum 14. September heftiger Regen den planmäßigen Fortgang der Unterbauarbeiten erheblich, sodass an zwei Stellen die Arbeiten im Rückstand blieben und das Verlegen des Oberbaus verzögerten. Für die Beschotterung standen Steinschlag und Schlackenasche zur Verfügung, die zum größten Teil auf Bahnhof Montmédy vorgefunden ober durch Abbruch aus dem Tunnel gewonnen wurden.

Am 12. September 1914 waren die Unterbauarbeiten beendet; ihre Ausführung erfolgte durch die Eisenbahn-Bau-Kompanien Nummer 9, 20 und 22. Ihnen waren noch 4 Kompanien des Eisenbahn-Arbeiter-Bataillons 3 und vorübergehend bis zu 600 Kriegsgefangene zugeteilt waren. Der abschnittsweise durch die drei Baukompanien verlegte Oberbau war bis zum Abend des 13. Septembers fertiggestellt. Zwei Tage später konnte, nach einem nochmaligen Stopfen und Richten, die Strecke dem Betrieb übergeben werden.

Der Bau der 3,85 km langen Linie dauerte also nur 16 Tage. Bei den ungünstigen Steigungs- und Krümmungsverhältnissen konnte die Strecke nur mit halben Standard-Militär-Zügen befahren werden. Die Leistung der Gesamtstrecke wurde hierdurch sehr herabgesetzt und die Betriebsführung außerordentlich erschwert.

Wilhelm Kretzschmann resumiert: „Der Bau der Bahn kann als eine glückliche Lösung der Aufgabe nicht bezeichnet werden. Auch hier hat sich gezeigt, wie wichtig eine von Anfang an leistungsfähige Ausgestaltung aller Ergänzungsbauten ist, und welch besonderer Wert auf eine sorgfältige Auswahl der Trasse gelegt werden muss.“

Blick auf Montmédy von der Zitadelle: Links sieht man die zweite, verbesserte Umgehungsbahn vom Bahnhof her kommend. Sie führte nicht mehr mitten durch die Stadt, sondern etwas oberhalb am Berghang entlang.

Da die Strecke nur Ungenügendes leistete, wurde alsbald die Herstellung einer zweiten leistungsfähigen Linie angeordnet, die bei geringerer Baulänge weit bessere Steigungs- und Krümmungsverhältnisse aufwies. Sie wurde am 22. Oktober 1914 in Betrieb genommen. Nach Wiederfahrbarmachung des Tunnels setzte man die Umgehungsbahn ab Juni 1915 außer Betrieb und nahm sie vorübergehend erst wieder in Benutzung, als an dem Tunnel Ausbesserungsarbeiten vorgenommen werden mussten.

Westlich von Mentmédy an der Straße nach Vigneul-sous-Montmédy erkennt man auch heute noch den Damm der Umgehungsbahn – auch wenn diese schon seit über einhundert Jahren außer Betrieb ist.

Die am 31. August in Montmédy eingetroffene Eisenbahn-Bau-Kompanie 22 führte neben der Trassierung der Umgehungsbahn gleichzeitig eine genaue Erkundung des gesprengten Tunnels aus. Um festzustellen, ob außer an den beiden Portalen noch im Innern Zerstörungen erfolgt seien, versuchte der Kompanieführer mit zwei sich freiwillig meldenden Leuten durch einen von der Zitadelle nach dem Gewölbescheitel des Tunnels führenden Wasserleitungsstollen von oben her in das Tunnelinnere einzubringen. Nach gefahrvollem Abstieg gelang es festzustellen, das auch in der Mitte des Bauwerks auf eine größere Länge eine nachhaltige Zerstörung vom Feinde ausgeführt war.

Am gleichen Tage hatte der Chef des Feldeisenbahnwesens für die Aufräumung des Tunnels die Aufstellung zweier Bergarbeiterkolonnen von je 100 Mann beim preußischen Handelsministerium beantragt. Die beiden Kolonnen trafen am 3. September in Montmédy ein und begannen mit Unterstützung französischer Gefangener die Aufräumungsarbeiten an den Tunneleingängen. Daneben wurde eine eingehende Erkundung des Tunnelinnern vorgenommen, um festzustellen, ob eine Wiederherstellung mit behelfsmäßigen Mitteln durchführbar sei. Die hierbei unternommenen Durchörterungsversuche scheiterten gänzlich, da der Druck der eingebrochenen Massen die mühsam eingebrachten Holzeinbauten wieder zerbrach. Auf Grund des hiernach abgegebenen Gutachtens meldete am 11. 9. die Militär- Eisenbahndirektion Nr. 2 an den Feldeisenbahnchef, dass die Wiederherstellung des Tunnels als aussichtslos aufgegeben wurde, da das ganze Gebirge in Bewegung und ein riesiger Erdbruch und Wassereinbruch vorhanden sei. Eine Wiederherstellung in permanenter Form durch Ausmauerung würde sehr lange Zeit in Anspruch nehmen.

Lageplan der ersten Umgehungsbahn (blau), der zweiten Umgehungsbahn mit der deutlich verbesserten Streckenführung (orange) und der Tunnel-Strecke (grau)

Auf eine behelfsmäßige Wiederherstellung des Tunnels wurde daher verzichtet und der Bau der bereits geschilderten Umgehungsbahn mit allen Mitteln gefördert. Da jedoch ihre Leistungsfähigkeit auf Grund ihrer Bauart und Linienführung gering war, entschloss sich der Chef des Feldeisenbahnwesens zur Fahrbarmachung des Tunnels durch permanenten Ausbau und übertrug am 19. September 1914 diese Arbeiten der Firma Grün & Bilfinger, Mannheim. Hierbei sollten die östliche und westliche Sprengstelle zweigleisig, die mittlere dagegen nur eingleisig ausgebaut werden.

Bei der Anfang Oktober begonnenen Wiederherstellung durch die Firma wurde das Bauwerk in folgendem Zustand vorgefunden. Der im Gewölbe aus Granit, an den Widerlagern aus Sandsteinquadern hergestellte Tunnel war an dem Ostportal auf eine Länge von 24 Meter völlig verschüttet, so das der Mittelbruch an dieser Seite nicht Zugängig war. An dem auf etwa zehn Metern Länge eingebrochenen Westportal konnte durch eine kleine inzwischen freigelegte Öffnung der Tunnel betreten werden. Im Mittelbruch, dessen Länge 32 Meter betrug, waren die Massen ins Tunnelinnere eingedrungen und schlossen den anschließenden Tunnelteil völlig ab. Das im Mittelbruch reichlich austretende Wasser hatte die tonige Materialmenge in breiigen Zustand versetzt, die das Tunnelinnere bedeckte.

Wiederherstellung Tunnel Montmedy Ost-Portal

Verhältnismäßig leicht waren die Massen am Westportal zu beseitigen, das durch die einfache Ausräumung freigelegt und in Klinkermauerwerk wiederhergestellt wurde. Um so schwieriger gestalteten sich die Arbeiten am Mittelbruch, wo außerordentlich starker Gebirgsdruck auftrat, der nur eine Aufschließung der Bruchstelle für eingleisige Durchfahrt gestattete. Zur Herstellung des eingleisigen Profils kamen besonders gebogene Eisenrahmen zur Verwendung, deren Zwischenräume man durch Beton ausfüllte. Bei diesen Arbeiten wurde zunächst der Mittelbruch von der Westseite aus tunnelmäßig in zwei Sohlstollen und einem Firststollen durchörtert. Anschließend wurde in kleinen Zonen der Vollausbruch ausgeführt und in dem Ausbruchraum die eisernen Bogen aufgestellt. Bei dem Stollendurchschlag durch den Mittelbruch zeigte es sich, das der anschließende Tunnelteil etwa zwei Meter hoch mit Wasser angefüllt war. Es musste daher um diesen Teil wasserfrei zu bekommen, am Ostportal zunächst ein Sohlstollen geschlagen werden, durch den das angesammelte Wasser Abzug fand.

Nach wenigen Tagen wurde jedoch der nach großen Schwierigkeiten vollendete Sohlstollen infolge Bruches der über dem östlichen Tunnelportal verlegten Wasserleitung des Ortes Montmédy durch das zu Schlamm aufgeweichte Erdreich völlig verschüttet und zum Teil vollständig zerdrückt. Der Stollen musste unter wesentlich ungünstigeren Verhältnissen von neuem vorgetrieben werden. Die Arbeiten stellten an die Belegschaft ungewöhnlich hohe Anforderungen, da das an der Arbeitsstelle ständig niederrieselnde Wasser den zähen Ton derartig aufweichte, das seine Beseitigung die allergrößten Schwierigkeiten bereitete.

Bei der Wiederherstellung erhielt das Ostportal eine flach gewölbte Decke aus Eisenbeton, die auf starken Eisenbetonwiderlagern ruhte, wobei im Schachtbau zunächst die Widerlager und dann in einzelnen Querschlägen die Decke eingefügt wurde.

Ein am 17. Juni 1916 erstelltes Luftbild von Montmédy. In der Bildmitte ist die Festung zu sehen. Bereits 1221 wurde von Graf Arnold III. von Chiny die erste Burg in Montmédy errichtet, auch noch im Ersten Weltkrieg spielten die, inzwischen mehrfach aus- und umgebaute Zitadelle eine Rolle. Die Zitadelle von Montmédy war eine der größten Befestigungsanlagen Nordostfrankreichs. Von rechts oben im Bild kommt die Umgehungsbahn aus der Stadt, wo sie mitten auf der Hauptstraße entlang führte, und biegt in einem weiten Bogen nach links ab. Hier, am unteren Bildrand sind die umfangreichen Anlagen der Feldeisenbahn nach Verdun zu sehen. Der Feldbahnhof links trug den Namen „Sägewerk“, der rechts, entlang der Cheers, hieß „Industrieschule“. Um sich die Bedeutung der Schmalspurbahn klar zu machen, sei erwähnt, dass neben den zahlreichen deutschen Feldbahnlokomotiven noch 40 Lokomotiven und Belgien und weitere 10 aus den Ardennen herangeschafft wurden. Die Umgehungsbahn blieb auch nach Wiederherstellung des Tunnel als Anschluss an die Schmalspurbahn bestehen.

Anfang Mai 1915 war der Tunnel, dessen Wiederherstellung außerordentliche Schwierigkeiten bereitet hatte, wieder betriebsfähig. Er machte infolge des starken Wasserandranges dauernde sorgfältige Überwachung sowie ständige Nacharbeiten erforbertich. Von feinem zweigleisigen Ausbau wurde mit Rücksicht auf die hohen Kosten und die zeitraubenden schwierigen Arbeiten abgesehen.

Seit Herbst 1916 wurde nach Durchfahrt durch den Tunnel wiederholt beobachtet, das die oberen Schlusslaternen der Züge beschädigt ober weggerissen waren. Eingehende Untersuchungen ergaben, das die Ursache auf Gleishebungen im Tunnel zurückzuführen war, die im Anschluss an die mittlere Sprengstelle in Richtung Montmédy auf einer Länge von ungefähr 70 m sich bemerkbar machten. Auch der auf der Tunnelsohle liegende Entwässerungskanal wurde allmählich zusammengeschoben und in die Höhe gedrückt. Die gegen die normale Lage beobachtete Gleishebung betrug schließlich über 25 cm. Auch an den Widerlagern zeigten sich bis zur Kämpferhöhe Verdrückungen und einzelne Risse im Mauerwerk.

Wiederherstellung des Tunnels von Montmédy. Die Wiederhestellungsarbeiten am Ostportal. Unten der Sohlstollen ins Tunnelinnere. In den beiden ausgeschachteten, senkrechten Schlitzen werden die Widerlager ausgeführt. Ausführung durch Grün & Bilfinger, Mannheim

Die aufgetretenen Schäden waren auf den starken seitlichen Druck des mit Wasser durchsetzten Gebirges zurückzuführen, der das Mauerwerk in Bewegung brachte und die Sohle durch Druck von unten hochhob. Zur Behebung dieser die Standsicherheit des Tunnels beeinträchtigenden Übelstände wurden schleunigst Sicherungsmaßnahmen getroffen durch Verbesserung der Entwässerung, durch Auswechslung der beschädigten Kämpfersteine und durch Einziehen eines Sohlengewölbes aus Beton an den durch Auftrieb gefährdeten stellen. Auch diese Arbeiten wurden durch die Firma Grün & Bilfinger, Mannheim, ausgeführt.

#Werbung

Mehr zu den Tätigkeiten der Eisenbahn-Baukompanien gibt es in folgendem Buch zu lesen:

Wilhelm Kretzschmann beschäftigte sich in seinem 1922 erschienen Buch »Die Wiederherstellung der Eisenbahnen auf dem westlichen Kriegsschauplatz« ausgiebig mit den Arbeiten der Eisenbahn-Baukompanien im Ersten Weltkrieg. Diese spezialisierten Pionier-Einheiten wurden u. a. für die Wiederherstellung der Eisenbahnlinien eingesetzt. Gabriel Habermann, baut nun auf dem im Jahr 1922 erschienenen – und heute äußerst seltenen – Originalband von Herrn Kretzschmann auf. Die Texte wurden reichlich durch Bildmaterial aus dem umfangreichen Archiv des Autors ergänzt, sodass weit mehr als ein „einfaches Reprint“ entstand, sondern ein Werk in modernem Layout mit 256 Seiten und 357 Fotografien und Grafiken.